Ich werde immer wenige Menschen besitzen,

damit ich ihren Verlust nie verschmerzen kann.

– Elias Canetti –

“…und es weht etwas von der Ästhetik des deutschen Expressionismus durch die, in der Abenddämmerung raschelnden Äste der Blutbuche und den weissen Blumendecken auf den Gräbern. Die Stille in Worte gepackt, eine Annäherung, mal fragend, mal wissend, dass der Tod eines anderen auch ein wenig zu deinem Tod wird. Bis alle Möglichkeiten in dieser einen, letzte Gewissheit zusammenfliessen.

Und in all dem nicht greifbaren, standen diese drei Frauen, Göttinnen, Wächterinnen. Mit Kerzen in Händen, im Dunkel brennenden Fackeln und vor allem: Miteinander, füreinander.

Der Film von Tina-Maria Feyrer nähert sich dem Unfassbaren leicht und atmosphärisch zugleich. Auf einem Friedhof, ein grosser Garten mitten in der Stadt, der in voller Blüte steht. Und so führt sie sanft dahin zurück, dass die Beschäftigung mit dem Tod letztendlich immer wieder zum Leben hin führt.”

– Seraina Kobler –

FILM-POEM / 51min / ZURICH 2023

idea / MICHAEL STAVARIČ

cinematography / TINA-MARIA FEYRER

camera (reading Anna Stern) / MICHEL GILGEN

texts written & read by /

MARTINA CALUORI – ROMANA GANZONI – ANNA STERN – MIREILLE ZINDEL

sound editing & mixing / MARIUSZ ORCHEL

music by / FRIEDERIKE BERNHARDT; PAOLO ORECCHIA (intro music)

produced by / MICHAEL STAVARIČ; MARTINA CALUORI (Zurich)

es ist alles so: die fäden der zeit perfekt verwebt, nichts soll das gewebe zerreißen. du stehst auf und blickst dich um, ausschau haltend nach, in einem versuch, den augenblick.

– Anna Stern –

Ich bringe dir Blumen. Ich bringe dir Kerzen. Ich mag den Gedanken, dass nachts ein Licht bei dir brennt. Dass ein Fuchs, eine Katze, ein Igel oder ein Marder die Nase zu deinen Blumen hebt. Angelockt vom Duft, vom Schein aus deinem Windlicht. Ich wurde leise mit deinem Tod, denn irgendwo in der Stille bist du.

– Mireille Zindel –

REST IN POETRY ist eine mehrteilige experimentelle Filmreihe. Im Zentrum stehen zeitgenössische Autorinnen und Autoren, die Texte für die Toten lesen. Schauplatz jedes Films ist ein Friedhof, der dank seiner Atmosphäre und Architektur auf eigene Weise Filmprotagonist wird.

Der dritte Film der Reihe wurde auf den Zürcher Friedhöfen Sihlfeld und Fluntern mit den Autorinnen Anna Stern, Martina Caluori, Mireille Zindel und Romana Ganzoni realisiert.

SCREENINGS / EXHIBITIONS

12. März / Zurich

Damals, als ich mit dir auf den Friedhof ging, war es Nacht, die Blätter rauschten und der Mond stand hoch.

T’algordast, mia chara? Co chi schuschuraiva? T’algordast da la glüm?

**

– Romana Ganzoni –

Eine Zigarette hätte ich jetzt gerne, hier vor dem Kühlschrank. Das würde helfen. Ich versuche mich an den Geschmack von Tabak zu erinnern. Vergebens.
Der süßliche Moschusduft, vermischt mit dem Geruch alternden Fleisches, ist zu stark. Sie liegt einfach da, neben dem Musikschrank, auf ihrer Decke mit dem gelben Blumenmuster. Der Nachschub an Leichensäcken ging aus.

– Martina Caluori –